TechTalk 28/4: Denken wir noch – oder macht das schon die KI für uns?
Menschen denken. Doch was ist Denken überhaupt? Können nur Menschen denken oder auch künstliche Systeme? Seit dem Durchbruch von ChatGPT sind diese Fragen drängender denn je. acatech und die Münchner Volkshochschule haben bei einer weiteren Ausgabe des Dialogformats TechTalk 28/4 am 18. März Fachleute um Antworten gebeten und mit Münchnerinnen und Münchnern ins Gespräch gebracht.
Menschliches Denken – das sei Wahrnehmen, Lernen, Entscheiden und noch vieles mehr, zählte acatech Präsident Jan Wörner in seiner Begrüßung auf. Anschließend konnten die TechTalk 28/4-Gäste im voll besetzten Saal der Volkshochschule München in kleineren Tischgruppen diskutieren, was unter menschlichem Denken zu verstehen ist – und was unter künstlichem Denken. Denn seit dem Durchbruch der Generativen KI, die in Anwendungen wie ChatGPT steckt, stellen sich viele Menschen die Frage, ob Künstliche Intelligenz bereits heute denken kann – und ob sie die menschliche Intelligenz in dieser Hinsicht schon bald überflügelt.
.
KI macht Schule Gründer Dr. Steffen Schneider zu Gast beim TechTalk 28/4. Quelle: acatech.
Noch sei es nicht so weit, stellte acatech Mitglied und KI-Forscher Klaus Mainzer in seinem kurzen Vortrag fest. KI-Sprachmodelle wie ChatGPT könnten zwar mit Hilfe statistischer Verfahren passende
Antwortmöglichkeiten berechnen. Basis dafür seien aber Daten, mit denen ein Programmierer oder eine Programmiererin ein System gefüttert hat – wodurch eben noch der Mensch entscheide, was die Künstliche Intelligenz denkt. Wesentliche Komponenten der menschlichen Kreativität wie Gefühle, Fantasie oder Körperempfindung seien bei der KI dagegen bisher verschlossen, so Klaus Mainzer.
Entsprechend sei Künstliche Intelligenz weiterhin auf menschliches Denken angewiesen. Das zeigte die Informatikerin und Plattform Lernende Systeme-Mitglied Ute Schmidt in ihrem nachfolgenden Impuls an mehreren Beispielen. So müsse der Mensch die KI beispielsweise erst sehr aufwendig mit Bildern von Katzen „trainieren“, bis diese gelernt hat, bei welchem Objekt es sich tatsächlich um eine Katze handelt und bei welchem nicht. Der Mensch sei hier viel schneller. Auch die vom Gehirn gesteuerten komplexen Bewegungsabläufe des Menschen könne Künstliche Intelligenz bislang nicht annähernd leisten: An einer vermeintlich banalen Aufgabe wie dem Einräumen einer Spülmaschine könne ein mit KI ausgestatteter Roboter nach wie vor verzweifeln, so Ute Schmidt.
Der Neurowissenschaftler Steffen Schneider vom Helmholtz Zentrum München zeigte im Anschluss, wie sich Denkprozesse bei Lebewesen heutzutage messen lassen. Durch auf dem Kopf angebrachte oder implantierte Elektroden sei man in der Lage zu erfassen, welche Gehirnregionen bei Tieren bei welchen Denkprozessen aktiviert werden – zum Beispiel beim Nachdenken über einen bestimmten visuellen Reiz. KI habe die Möglichkeiten der Auswertung der erfassten Daten bzw. der Analyse von Denkmustern deutlich erweitert. Insofern helfe Künstliche Intelligenz aktuell dabei, organische Intelligenz besser zu verstehen, erklärte Steffen Schneider.
Nach weiteren Gesprächen in Tischgruppen, in denen die Impulse der Expertinnen und Experten vertieft wurden, kam das Plenum in der Schlussdiskussion zusammen. Können KI-Systeme auch durch Beobachtung anderer KI-Systeme lernen? Werden die Antworten von KI-Sprachmodellen durch Vorurteile verzerrt? Beide Fragen bejahten die Podiumsgäste: An der TU München gebe es beispielsweise Labore, in denen zu beobachten sei, wie KI-Roboter andere KI-Roboter imitieren würden, und bei KI Sprachmodellen wie ChatGPT oder DeepSeek könne man relativ schnell erkennen, dass diese mit verzerrten und damit vorurteilsbehafteten Daten trainiert wurden. Über diese Schwächen, aber auch über die Chancen von KI müsse viel breiter aufgeklärt werden, auch schon in der Schule, forderte Ute Schmid. Gerade mit Blick auf die Begrenzungen von Künstlicher Intelligenz sei es wichtig, dass der Mensch die künstlichen Systeme nach wie vor kritisch hinterfrage – und sich das Denken nicht abnehmen lasse.
Quelle: acatech